Wie beeinflusst eine Realistic Job Preview das Employer Branding?
„Natürlich gibt es auch stressige Phasen, in denen Überstunden unvermeidbar sind, aber unser Team unterstützt und hilft sich gegenseitig in solchen Phasen.“ Wie oft haben Sie eine solche Beschreibung schon in einer Stellenanzeige gesehen? Oder wie oft hatten Sie schon die Möglichkeit, einen virtuellen Rundgang durch Ihr Wunsch-Unternehmen zu machen? Wahrscheinlich eher selten. Diese beiden Punkte sind Beispiele einer Realistic Job Preview – also einer realistischen Vorschau auf den Job und das Unternehmen, in dem der Bewerber in Zukunft arbeiten wird. Die Frage, die sich hier stellt, ist: Wird das Employer Branding nicht negativ beeinflusst, wenn Unternehmen angeben, dass ihre Mitarbeiter Überstunden machen müssen oder Stress mit Klienten häufig an der Tagesordnung ist? Oder sorgt das eher für höhere Authentizität des Unternehmens? Dieser Blogbeitrag gibt einen Überblick und versucht, die oben genannten Fragen zu klären.
Definition Realistic Job Preview
Eine Realistic Job Preview definiert sich als möglichst realistische Darstellung der Begebenheiten eines Jobs oder Berufsbildes vor Antritt der Stelle. Der Bewerber geht also mit realistischeren Erwartungen in den Bewerbungsprozess. Er hat mehr Klarheit bezüglich seiner ursprünglichen Erwartungen an das Unternehmen. Dadurch kann er entscheiden, ob er diesen Job überhaupt als passend ansieht oder den Bewerbungsprozess erst gar nicht antritt, wenn die Erwartungen zu weit von denen des Unternehmens abweichen. Realistic Job Previews sorgen für weniger Abbrüche der Bewerbungen.
Weiterhin kann eine realistische Darstellung durch das Internet schnell und einfach mit nötiger Transparenz und Authentizität erfolgen, beispielsweise durch Grafiken, Bilder, Animationen und Texte. Besonders videobasierte Darstellungen gewinnen an Beliebtheit. So bietet zum Beispiel Tchibo einen virtuellen Rundgang durch das Unternehmen und die Büros an, um Bewerbern den Arbeitsplatz vorzustellen. Auch Self Assessment Center, wie es beispielsweise die Stadt Hamburg anbietet, tragen zu einer Realistic Job Preview bei. Der Bewerber kann dort die eigenen Neigungen und Kenntnisse mit den Anforderungen des Unternehmens vergleichen, nur er bekommt am Ende die Ergebnisse mitgeteilt. So bekommen Bewerber einen guten Einblick in die Arbeit und das Berufsfeld. Dieses Verfahren kann auch gut für Schüler auf der Suche nach einer passenden Ausbildung angewendet werden.
Aktuelle Situiation im Bewerbermarkt
Viele Unternehmen wollen aktuell eine attraktive Employer Brand kreieren, um ihre Stellen schnell und gut besetzen zu können. Dafür scheint es wichtig, sich nur von der besten Seite zu zeigen und keine Fehler oder Schwierigkeiten zuzugeben. Diese Einstellung widerspricht jedoch einer Realistic Job Preview. Denn in dieser es nun einmal darum, dem Bewerber einen ehrlichen und realistischen Einblick in den Job und das Unternehmen zu geben. Viele Unternehmen haben jedoch Angst vor einer zu realistischen Beschreibung. Sie fürchten, dadurch potenziell gute Kandidaten zu verlieren. Ein maßgeblicher Grund hierfür ist die aktuell hohe Fluktuation am Arbeitsmarkt. Besonders in den sehr gefragten Jobs ist die Wechselbereitschaft der Angestellten durch den leergefegten Arbeitsmarkt hoch.
Laut einer aktuellen Studie von LinkedIn ist die Wahrscheinlichkeit eines Jobwechsels bei Softwareentwicklern am höchsten. 13,3% wechseln hier jährlich ihren Job. In der Beratung sind es knapp weniger mit 11,7%. Von über 10.000 Befragten geben hier 45% als Grund an, dass in ihrer aktuellen Firma kein Weiterkommen für sie möglich ist. Ein weiterer Grund ist die Führungsqualität des Managements, die 41% als Grund für ihren Wechsel angeben. Weitere 36% gaben an, dass sie sich mit der Unternehmenskultur nicht wohl fühlten. Die Zahlen zeigen damit, dass Employer Branding für Unternehmen aktuell enorm wichtig ist und nicht vernachlässigt werden sollte. Durch realistischere Angaben die Unternehmenskultur oder die Jobbeschreibung betreffend fürchten Arbeitgeber einen schlechten Einfluss auf das Employer Branding. Daher neigen sie eher dazu, das eigene Unternehmen wie den perfekten Arbeitgeber darzustellen.
Wie sollte die Zukunft aussehen?
Unternehmen dürfen nicht mehr so viel Angst vor einem schlechten Einfluss auf die Employer Brand durch eine Realistic Job Preview haben. Professionell angewendet sorgt sie bei Bewerbern eher für eine authentische Darstellung des Unternehmens und hebt sich positiv von der breiten Masse ab, die ihr Unternehmen als den perfekten Arbeitsplatz ohne Sorgen und Probleme darstellt. Es geht bei einer Realistic Job Preview auch nicht darum, die negativen Punkte des Unternehmens hervorzuheben, sondern um eine authentische aber trotzdem positive Darstellung des Arbeitsplatzes. So bekommt der Bewerber die Möglichkeit, seine Erwartungen an den Arbeitsplatz anzupassen und früh zu entscheiden, ob er mit dem Unternehmen zusammen passt. Einige Dienstleister bieten hier Hilfestellungen an, wie man am besten eine Realistic Job Preview gestalten kann. Unternehmen wie flydubai, easyjet oder Ernst & Young bieten mit Hilfe des Dienstleisters Cut-e.de Realistic Job Previews für Bewerber an.
Realistic Job Preview als Unterstützung für’s Employer Branding
Eine Realistic Job Preview sorgt bei Bewerbern weniger für ein schlechteres Bild. Sie sorgt eher für ein authentischeres und realistischeres Bild der Employer Brand des Unternehmens. Unternehmen sollten sie also eher als Unterstützung für die eigene Arbeitgebermarke sehen. Besonders aus der Digitalisierung lässt sich ein nutzen für die Realistic Job Preview ziehen. Videos mit einem Unternehmensrundgang oder Interviews mit aktuellen Mitarbeitern, die den Arbeitsalltag vorstellen, helfen bei der realistischen Darstellung des ausgeschriebenen Jobs. Bewerber, die schon früh wissen, was sie im Unternehmen erwartet, wechseln auch seltener nach kurzer Zeit erneut das Unternehmen. Richtig eingesetzt kann eine Realistic Job Preview also dem Unternehmen nicht nur mehr Authentizität verleihen. Sie kann auch dafür sorgen, neue Mitarbeiter länger an sich zu binden.